Boule bis Pétanque

Ein Freizeitvergnügen entwickelt sich zum Sport

Glänzend polierte Metall-Kugeln eines schwedischen Möbelhauses für „Könner“…?!

‘Boule’ – Sommer-, Strand- und Freizeitvergnügen

Landläufig

wird das Wort ‚Boule‘ oder ‚Boccia‘ als Bezeichnung einer Spielform genutzt.
Auch in der „Szene“ hört man oft: „Wir gehen Boule spielen.

Viele haben bereits im Sommerurlaub am Strand eine erste Bekanntschaft mit ‚Boule‘ oder gar ‚Boccia‘ gemacht – gesehen oder gar selbst schon selbst gespielt – oft mit bunten Plastik-Kugeln.

‚Boule‘ ist als Spielbeschreibung eigentlich fälschlich und unbrauchbar.

Erfahrt mehr Hintergrundwissen über das Spiel -oder eher den Sport- und was es genauer damit auf sich hat …

Sommer, Ferien, Strand: Viele kennen aus ihrem Sommer-Urlaub das bekannte Strandspiel (oft mit bunten Plastik-Kugeln) als „Boule“ oder gar „Boccia“.

Boule als landläufige Bezeichnung eines Spiels

bedeutet nichts anderes als das französische Wort für „Kugel“.
Ebenso wie „Boccia“ im italienischen oder „Bowls“ in der englischen Sprache nicht anderes als „Kugel“ bedeuten.

Vereinfacht könnte man sagen, dass „Boule“ schlicht das Spiel mit Kugeln beschreibt – „Kugelspiel“.

Hier kommt es allerdings zu der „Problematik“, dass viele unterschiedliche Sportarten als Kugelspiel/Kugelsportarten bezeichnet werden:
Selbst Bowling zählt zu den Kugelsportarten – daher ist der DPV (Deutscher Pétanque Verband) auch lediglich dem „Deutschen Boccia-, Boule-, und Pétanque-Verband eV (DBBPV)“ als „Dachverband der deutschen Kugelsportverbände“ untergeordnet.

Wer kennt dieses (Klischee) Bild nicht:
Die Sonne scheint, irgendwo im Süden Frank­reichs (gemeinhin in der Provence) debattiert ein Grüppchen in die Jahre gekommener Herren lautstark über irgendeine fragwürdige Besonderheit, die sich augenscheinlich in der Mitte der Versammlung auf dem Boden befindet:
Eine Ansammlung mehrerer, verschiedenartiger Metallkugeln liegen dort um eine kleine farbige Holzkugel verstreut und geben für Außenstehende unverständlicherweise Anlass, minutenlang aufgeregt und mit Enthusiasmus darüber zu philosophieren.

Nichts anderes als die typisch französischen Freizeitbeschäftigung -ein Boulespiel- ist dort im Gange – die älteren Herren schieben, im wahrsten Sinne des Wortes,  eine ruhige Kugel.

Auch wenn hier ebenfalls von ‚Boule‘ gesprochen wird,
verbindet diese ‚Art‘ des Spiels weitaus mehr mit der inzwischen verbreitetesten Kugel-Sportart ‚Pétanque‘, die sich inzwischen weit über die französischen Grenzen verbreitet und auch in unsere Freizeitkultur erfolgreich Einzug gehalten hat.
Sobald das Wetter es zulässt, werden auch in Deutschland Park­anlagen und öffentliche Plätze von Boule-Spielern bevölkert, und es werden von Woche zu Woche mehr!

Die Entwicklung der Boule-Spiele reicht Jahrhunderte zurück.
Ihren Anfang nahmen sie in Form unterschiedlicher Kugelspiele, die in zahlreichen Ländern von allen Schichten der Bevölkerung ausgeübt wurden.
Schon im 13. Jahrhundert wurde in Frankreich mit Holzkugeln Boule gespielt. Hierbei ging es darum, die Kugel möglichst nahe an ein Ziel zu platzieren, entsprach also in etwa den heutigen Versionen.
1369 verbot Karl V. dieses Spiel, weil er die Staatssicherheit gefährdet sah, da die Soldaten anstatt Bogenschießen zu üben, ihre Freizeit dem Boule-Spiel widmeten.
Die Pariser Synode von 1697 untersagte allen Geistlichen, in der Öffentlichkeit Boule zu spielen.

Genauso wie das Spiel verfolgt wurde, gab es andererseits auch öffentliche Unterstützung.
Die berühmte Fakultät von Montpellier bestätigte im 16. Jahrhundert den Wert des Boule-Spiels für die Gesundheit: „Es gibt keinen Rheumatismus oder andere ähnliche Leiden, die nicht durch dieses Spiel vereitelt werden können, es ist für jede Altersstufe geeignet:“ Ludwig XI. wusste das auch und spielte häufig Boule, und der bekannte Generalfeldmarschall Turenne galt als unschlagbar.

Die Popularität des Spiels
stieg im 19. Jahrhundert stark an. Es wurde nicht mehr nur auf Wiesen außerhalb der Stadt gespielt, sondern überall, wo Platz war, in den Straßen und auf den Marktplätzen.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann man in Lyon das „Boule Lyonnaise“ zu spielen.
1894 wurde dort auch der erste Wettbewerb veranstaltet, bei dem über 1000 Spieler drei Tage lang um die Plätze rangen.
1906 wurde der erste Verband gegründet.

In Italien entwickelte sich eine weitere Version, das „Boccia“.
Gespielt wird auf 4,50 m breiten und 28 m langen, speziell präparierten Plätzen. Die Kugeln sind aus Holz und haben unterschiedliche Farben, um sie auseinanderhalten zu können.
Im Jahre 1898 wurde in Turin der erste Boccia-Verband gegründet.

In Frankreich gibt es heute einige unbedeutende regionale Spiele, sowie das bereits erwähnte „Boule Lyonnaise“, das „Jeu Provencal“ und das jüngste, aber heute populärste aller Boule-Spiele: „Pétanque“.

Die Spielidee ist immer die gleiche,
es wird versucht eine oder mehrere Kugeln näher an eine Zielkugel zu platzieren als der Gegner.
Unterschiedlich sind die Spielregeln, das Gewicht der Kugeln und die Abmessungen des Spielfeldes.

Aus „Jeux de Boule – Pétanque und andere Kugelspiele“ von Michael Hornickel
D
as erste deutschsprachige Buch zum Thema Boule und Pétanque.


Klaus Eschbach, ehemaliger Präsident des DPV, hat eine anschauliche, informative Zeittafel zur Geschichte der Kugel-Spiele als PDF erstellt.

Das Boule Lyonnaise
Das Ende des 19. Jahrhunderts aufgekommene Spiel wird heute in großen Teilen Frankreichs praktiziert. Es ist jedoch nicht so populär wie Pétanque, u.a. weil für Boule Lyonnaise ein großer, besonders präparierter Spieluntergrund benötigt wird. Man spielte zu Beginn – wie schon im Mittelalter – mit Holzkugeln. Diese waren, um eine höhere Widerstandsfähigkeit zu erhalten sowie um rund zu laufen, mit Nägel beschlagen.

Ab 1923 wurden die Kugeln aus einer Bronze-Aluminium-Legierung hergestellt, heute sind sie hauptsächlich aus Stahl. Ihr Durchmesser muss zwischen 9 und 11 cm liegen, und sie müssen ein Gewicht zwischen 900 und 1400 g aufweisen. Die Zielkugel muss innerhalb einer Zone zwischen 12,5 und 19,5 m zum Liegen kommen. Für die Ausführung des Wurfes hat der Spieler 7 m zur Verfügung, in denen er Anlauf nehmen kann.

Das Boule Lyonnaise ist eine sehr sportliche Form des Boule-Spiels. Es gehört viel Training dazu, eine knapp 1,5 kg schwere Kugel über eine Distanz von bis zu 19,5 m zu werfen und damit noch eine gegnerische Kugel zu treffen.

Das Jeu Provencal
Das Boule Lyonnaise wurde immer bekannter, machte sich auf den Weg die Rhône abwärts und erreichte schließlich das Mittelmeer. Dort angekommen, wurde dem Reglement erst einmal die Strenge genommen, und die Kugeln wurden kleiner und leichter (zwischen 600 und 900 g).

So entstand ein neues Kugelspiel in der Provence und wurde deshalb „Jeu Provencal“ genannt.

Auch hier ist viel Bewegung mit im Spiel. Beim Punktieren macht der Spieler aus einem Abwurfkreis heraus einen großen Ausfallschritt nach rechts oder links und zieht das andere Bein nach. Die Kugel muss gespielt werden, bevor das Nachziehbein den Boden berührt, es wird also auf einem Bein stehend geworfen. Man muss gleichzeitig ein Gleichgewicht finden und die Kugel bis zu 22 m weit gezielt werfen. Beim Schießen nimmt der Spieler drei Schritte Anlauf aus dem Kreis und schießt die Kugel auf einem Bein stehend ins Ziel.

Diese Art des Boule-Spiels ist wie seine Lyoner Variante sehr anspruchsvoll.

Das Pétanque
Das Spiel entstand im Jahre 1910 in La Ciotat, einem kleinen Städtchen an der Côte d´Azur. Ein sehr guter, schon etwas älterer Spieler des Jeu Provencal musste zuschauen. Sein Rheuma plagte ihn, und er konnte weder den Ausfallschritt vollziehen noch konnte er die drei Schritte Anlauf zum Schuss nehmen, zu stark waren seine Schmerzen. Dennoch wollte er seinen Sport nicht aufgeben, und es kam ihm die Idee, die Wurfdistanz um einiges zu verkürzen und zudem ohne Anlauf im Stehen zu spielen. Man stand in einem Abwurfkreis und spielte auf eine Entfernung von 6 bis 10 m. Von der Abwurfposition – man musste mit geschlossenen Füßen im Kreis stehen – leitete sich auch der Name des Spiels ab. Die Bezeichnung für „geschlossene Füße“ heißt auf Französisch „pieds tanqués“, auf provenzalisch hieß es „ped tanco“. Diese beiden Wörter sind schon bald zu einem verschmolzen: Pétanque.

Da das Spielfeld keinen strengen Regeln unterzogen wurde, eröffneten sich große Möglichkeiten, dieses Spiel auszuüben. Man war nicht mehr beschränkt auf ein genau eingeteiltes Spielfeld auf einem bestimmten Platz, sondern man spielte auf Plätzen vor Kirchen, in Parks und auf ungepflasterten Dorfstraßen.

Im Jahre 1943 wurde der Boule-Verband,
die Fédération Francaise de la Pétanque et du Jeu Provencal (F.F.P.J.P.)
gegründet, der in der Zwischenzeit bereits über eine halbe Million eingeschriebene Mitglieder angehören. Auch in den Nachbarländern, wie der Schweiz, Italien, Spanien, Belgien und auch Deutschland gibt es inzwischen Boule-Verbände. Nationale und internationale Meisterschaften werden durchgeführt, und es wird darüber diskutiert, ob Pétanque als neue Disziplin bei den Olympischen Spielen vorgeschlagen werden soll.

Pétanque in Deutschland
Von der Provence aus verbreitete sich Pétanque bald in ganz Frankreich. Das bei uns stationierte französische Militär und viele Touristen brachten das Spiel über den Rhein. Einige der in der ganzen Bundesrepublik verstreuten Pétanque-Spieler fanden sich zu Clubs zusammen, bis schließlich Anfang der achtziger Jahre der Deutsche Pétanque-Verband (DPV) ins Leben gerufen wurde.

Diese Dachorganisation richtet u.a. Deutsche Meisterschaften aus und ermittelt die Teilnehmer für die alljährlichen Weltmeisterschaften.
Der DPV ist Mitglied der Fédérastin Internationale de la Pétanque et du Jeu Provencal (F.I.P.J.P.) mit Sitz in Marseille.

Aus „Jeux de Boule – Pétanque und andere Kugelspiele“ von Michael Hornickel
D
as erste deutschsprachige Buch zum Thema Boule und Pétanque.


Klaus Eschbach, ehemaliger Präsident des DPV, hat eine anschauliche, informative PDF erstellt, bei der unterschiedlichste Kugelspiele gegenübergestellt sind

Sommer, Ferien, Strand:
Viele kennen aus ihrem Sommer-Urlaub das bekannte Strandspiel (oft mit bunten Plastik-Kugeln) als „Boule“ oder gar „Boccia“.